ZitatHalle/Saalekreis Die Spur des Sonnensteins VON MICHAEL FALGOWSKI, 30.12.10, 20:47h, aktualisiert 30.12.10, 21:08h öö
Der Künstler Jörg Riemke mit seinem Fund. Bringt dieser Stein einen Stein ins Rollen? (FOTO: THOMAS MEINICKE) Bild als E-Card versenden Halle (Saale)/MZ. Die tiefen Rillen bilden einen Stern. Oder ein Rad mit einem kleinen Kreis als Nabe. "Das ist das Sonnenrad, ein uraltes Symbol, wie man es weltweit in vielen Kulturen findet", sagt Jörg Riemke. Doch das Steinchen am Steilabbruch seines Gartens sei nur ein Hinweis, eine Gebrauchsanweisung gewesen. Mit dessen Hilfe habe er den "Stein von Höhnstedt" aus dem Hang gezogen. Der ist ein großer flacher Stein, von tiefen Linien und dünnen, regelmäßigen und parallelen Ritzen sowie Halbkreisen überzogen. Daneben habe ein Feuersteinwerkzeug gelegen, mit dem der Stein bearbeitet worden sei. "Als ich ihn in Händen hielt, wusste ich sofort, dass es sich um ein astronomisches Winkelmessinstrument handelt. Und es ging in erster Linie um die Sonne. Darauf weist das kleine beigefügte Steinchen hin", erzählt der Hallenser. Woher er das weiß? Die Frage versteht Riemke nicht richtig: "Das sieht man doch!" Er habe es seinerzeit kaum erwarten können, am nächsten Morgen die aufgehende Sonne anzupeilen. "Wie bei der Himmelsscheibe dient die tägliche Verschiebung der Auf- und Untergangspunkte der Sonne für Kalenderberechnungen", sagt der Hallenser. Und nicht nur das: "Ableitung einer Längeneinheit, 360-Grad-Einteilung, Zeiteinheiten bis hinab zur Sekunde, präziseste Winkelmessungen - all das war schon Steinzeitwissen". Vor drei Jahren hat Riemke den Stein gefunden. "Ich beschloss damals, sein mathematisches Programm zu entschlüsseln", sagt der 70-Jährige. An Neugier, Zielstrebigkeit und Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht. Riemke ist Maler und Bildhauer - kein Wissenschaftler. Er sieht dies eher als Vorteil, ermögliche es doch einen weiteren Blick. Seit dem ersten Peilblick über seinen Stein in die Sonne hat er sich tief in die Sternen-Materie gegraben, hat gerechnet und gelesen. Der archäologische Laie bewegt sich leicht auf einem Terrain, das ihm längst nicht mehr fremd ist. "Ich habe mir den Stein nicht ausgesucht, er ist mir als Aufgabe zugefallen." Auch im Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege hat er dieses Jahr seinen Fund vorgestellt. "Dieser bearbeitete Stein ist interessant. So etwas habe ich bisher noch nicht gesehen", sagt Olaf Kürbis. Der Archäologe ist für den Bereich Mansfeld-Südharz und damit für die uralte Siedlungslandschaft an den Seen bei Seeburg zuständig. Kürbis hat sich auch die Fundstelle des Steins in Höhnstedt angesehen. "Der Stein muss dort schon sehr lange gelegen haben. Denn über ihm hat sich viel Erde abgelagert." Das fehlende Alter der Ritzen auf dem Stein ist indes die größte Unbekannte in der Deutung Riemkes. Stammt er wirklich aus der Steinzeit? Datierbare Beifunde belegen das nicht. Den astronomischen Ableitungen des Finders kann Kürbis unterdessen nicht recht folgen. Dies sei nicht sein Fachgebiet, sagt er vorsichtig. Den Künstler plagen indes keine Zweifel. "Auf dem Stein ist etwas Wichtiges zu sehen, und dafür gibt es keine vergleichbaren Funde", sagt er vielmehr: Halbkreise, die er als Schwingungen eines Pendels interpretiert. Er hat es ausgemessen. Und da wird es für den Laien schwierig. "Der Radius der Schwingungen steht zum Abstand der feinen parallelen Linien in dem Verhältnis 20 zu eins. Schaut man durch die tiefen Peillinien des Steins in die Sonne, so erfasst man genau deren Durchmesser. Zwei Minuten dauert es, bis sie aus dem exakt geschnittenen Spalt verschwunden ist." Wenn man beides kombiniere, Schwingung eines Fadenpendels und eben diese zwei Minuten, könne man eine verbindliche Längeneinheit bestimmen. "Sie beträgt nur 2,07 Millimeter in unserem metrischen System. Ich nenne es Urlinie. Dieses Maß sei in der Steinzeit aber auch auf der Himmelsscheibe angewendet worden." Auch in den .......