Ich möchte heute mal etwas auf den Tisch bringen, was mich schon mehr als 50 Jahre beschäftigt. Dazu muss ich allerdings etwas ausholen: 1949 bin ich mit meinen Eltern nach Jessen/Elster gezogen in eine Strasse, die zuerst Ludwig-Hosch-Strasse, dann Stalin-Strasse und zum Schluss Nordstrasse hiess. Wir waren damals eine grosse Clique von Jungen zwischen 10 und 17 Jahren, die die ganze Gegend unsicher machten. Unsere Lieblingsspielplätze waren die grosse Bahnausschachtung Nordstrasse/Arnsdorfer Strasse und die Mülldeponie, wo später der Busbahnhof darauf gebaut wurde. In der Bahnausschachtung fanden wir in den 50er Jahren alles das, was uns damals das spielen spannender machte. Wir besassen jede Menge an Waffen (grösstenteils nicht mehr gebrauchsfähig) und Munition, grosse Mengen an Orden und Ehrenzeichen, was uns regelmässig von der Polizei oder den eigenen Eltern wieder abgenommen wurde. Der grosse Wahnsinn bei der ganzen Sache ist der, dass trotz des häufigen Umganges mit Munition niemand zu Schaden kam. Natürlich war uns allen die ganze Umgebung mit der Zeit vertraut. So fanden wir im Wald (damals****** Wald) einmal einen Bombentrichter von etwa 15 Meter Durchmesser mit einer Tiefe von ca. 2,5 Meter. Den Trichter wollten wir weiter ausschachten um uns einen Bunker zu bauen und kamen immer wieder dort zusammen, um zu graben. Aus dem Bunker wurde nichts, aber das Graben wurde dort zum Hobby. Die ganzen Seitenwände des Trichters waren mit Munition durchsetzt. Es waren Patronen vom K 98 bis zur Pistole 08, die wir dort zentnerweise bargen. Auch gegurtete 2-cm-Munition war in rauhen Mengen vorhanden, die allerdings schon stark verrottet war. Ausserdem gab es dort jede Menge Stahlhelme, Gasmaskenbüchsen und anderen Schrott. Unsere Aktionen dort gingen solange gut, bis einer der Jungens zu Hause davon erzählte. Dessen Vater ging zur Polizei. Die Polizei war dann am nächsten Tag in der Schule (Grundschule Kaplaneistrasse) und hat alle die verhört, die von diesem Trichter wussten. Hausdurchsuchungen waren dann die Folge. Mein Vater, damal Dipl.-Ing.-Pädagoge an der Berufsschule in Jessen, hat mich solange weich geklopft, bis er alle meine Verstecke zu Hause und in der Umgebung wusste, hat dann das Zeug (zwei Pistolen unbekannter Marke, die nicht gebrauchsfähig waren, mehrere HJ-Dolche, ein Fallschirmjäger-Messer mit aus dem Griff hervortretender Klinge, Orden und Ehrenzeichen satt) in einen grossen Koffer gepackt und selbst zur Polizei gebracht. Die Polizei hatte dann lange Wochen zu tun, uns alle darüber aufzuklären, was in etwa hätte passieren können und wir mussten versprechen, alles, was wir ab da finden würden, sofort abzugeben. Ich war etwa 11 Jahre alt, als mich drei Ältere unserer Gruppe beauftragten, eine grosse schwere runde Blechschachtel bei der Polizei abzugeben. Sie meinten, dass ich dafür eine Belohnung bekommen würde. Das VPKA in Jessen war noch nicht erbaut. Die Polizeidienststelle befand sich in den Holzbaracken, die später die HO übernommen hatte. Dort ging ich hin und wuchtete den schweren Klotz auf den Tisch der Wache. So schnell hatte ich die 5 oder 6 Polizisten, die im Raum waren, noch nie den Ort verlassen sehen. Den Grund erfuhr ich später: Ich hatte ihnen eine Mine auf den Tisch gelegt. Übrigens, eine Belohnung habe ich nie bekommen. Um was es mir hier und heute geht, ist das: Der Bombentrichter ist etwa 30 Meter (in meiner Erinnerung) vom Hauptweg entfernt. Vom Weg bis zum Trichter waren viele kleine Hügel, die ich als (nicht frühgeschichtliche) Grabhügel ansah. In Erinnerung habe ich etwa 1,5 bis 2 Meter lange, etwa 80 cm breite und vielleicht 40 cm hohe Hügel, die ich später mal ergraben wollte. Daraus ist allerdings nie etwas geworden...... Ich werde nächsten Monat 68 Jahre alt, bin mittlerweile schwerbehindert, also nicht mehr der richtige Typ zum sondeln und graben. Vielleicht möchte sich der Eine oder Andere die Stelle mal ansehen und mir mal berichten, wie es heute, nach einem halben Jahrhundert, dort aussieht. Die Wegbeschreibung: Von ****** kommend Richtung***** über den ******** nicht Richtung ****** sondern direkt geradeaus. Rechts war Wald, dann kam ein Acker, dann ein schmaler Querweg. Über diesen Weg noch drüberweg, dann gleich links im Wald. Vor 50 Jahren waren links Kuscheln, dann begann der Hochwald und genau an der Grenze war der Bombentrichter. Es gab nur diesen einen Trichter dort im Wald. Viel Spass beim Suchen.........
An alle,die jetzt losstürzen wollen: Die Stelle ist (wieder) bekannt und beräumt. Der (verstorbene) Heimatvereinsvorsitzende hatte mir mal das Loch gezeigt. Ich selbst hatte da vor ein paar Jahren herumliegende 20 mm-Granaten an den KMRD gemeldet.
ergreifende Geschichte! Leider halte ich es persönlich nicht für ratsam dies hier zu veröffentlichen. Munition verliert nie ihre Gefährlichkeit, ganz im Gegenteil wenn sie so lange im Boden liegt, wird sie immer gefährlicher. Glaube mir, passiert jetzt etwas machst du dir ewig Vorwürfe. Man sollte an der Stelle mit dem Kampfmittelräumdienst mal nachschauen.
Schon passiert,Marcus. Das ist die Story,die ich schon einige Male erzählt habe.Von den unbedarften Polizisten,die das Ganze als "Schrott" abqualifizierten und anfingen,die 20mm aufeinanderzuklopfen...
Und Gräber sollen das gewesen sein? Donnerwetter! Auf jeden Fall sind sie seit Jahrzehnten geöffnet.Ich hatte das für russische Schützenlöcher gehalten,da zum Schluß durch diesen Wald eine Panzerstraße Richtung A. führte,und in den Löchern russische Freßbüchsen lagen.
ja die Geschichte kam mir gleich sehr bekannt vor. Wie genau hat sich der KMRD dort umgesehen? Vieleicht liegen unter den Hügeln weitere gefährliche Sachen.
Schon in den 50er Jahren ist die ehemalige Volkspolizei mit einem LKW Garant K 30 vielemale dorthin gefahren und hat Munition geräumt, deswegen glaubte ich nicht, dass nun noch etwas zu finden wäre. Von einem Fahrzeugwrack ist mir von damals nichts bekannt. Wir hatten uns ja schon damals Gedanken gemacht, wo denn dieses Sammelsurium an verschiedener Munition im Trichter, in den Trichterwänden und der näheren Umgebung herkam. Es waren ja z.B. auch jede Menge vorn zusammengekniffener Hülsen, wie sie in Bolzenschussgeräten zum Einsatz kamen, vorhanden. Einer der Älteren unserer Clique war der Meinung, dass die Russen dort an dieser Stelle die in den Dörfern eingesammelte Munition und anderes Gerät aufgehäuft und gesprengt hatten. Dass das also kein direkter Bombentrichter, sondern das Relikt einer Sprengung war. Das aber war nur eine Vermutung. Natürlich betrachtet man heute diese Sache mit ganz anderen Augen. Anfang der 50er Jahre lagen die Wälder voll von Kriegsschrott, was uns mangels anderer Spielgelegenheiten zum Gebrauch reizte. Es hatte uns niemand offiziell aufgeklärt über die Gefährlichkeit unseres Tuns und wer hörte schon auf die Eltern........ Noch einmal zu den komischen "Grabhügeln". Ich habe, mit anderen Jungens zusammen, diesen Platz das erste Mal 1951/52 betreten. Es gab zwischen den von mir beschriebenen grabartigen Aufschüttungen keinerlei Schützenlöcher. Diese müssen erst später entstanden sein. Ich habe noch die Erinnerung, dass es für mich wie auf einem normalen Friedhof aussah, wenn ein Grab frisch zugeschüttet war mit dem Erdauswurf oben drauf. Seit 1953 gehörte ich der von Kurt Klausnitzer geleiteten Arbeitsgemeinschaft Junger Archäologen an, bin dann mit 18 Jahren selbst Bodendenkmalpfleger geworden und habe immer daran gedacht, durch eine Probegrabung dem Geheimnis (oder auch nicht) dieser grabähnlichen Erdaufschüttungen auf die Spur zu kommen. Leider aber ist alles anders gekommen............
Ich bin da auf eine neue Geschichte gestoßen. Im "Wald bei Rehain" (konkrete Ortsangabe... ) wurden Anfang der 50er Jahre die Überreste dreier KL-Häftlinge gefunden und in die Annaburger Straße umgebettet. Ob das die mysteriösen Grabhügel waren? Aber als Verein müßtet ihr doch von sowas gehört haben??...
Nach gefühlten Jahren hab ich's mal geschafft,mit Kamera vor Ort zu sein. Die Löcher könnten echt geöffnete Gräber sein;die Form und Größe paßt.
lucius
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Der Munitionskrater.Leider wurde er beim letzten Bäumefällen mit Zweigen vollgeschmissen. Aber es liegt noch alles voller (unbrauchbarer) Munitionsteile.
lucius
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Und das ominöse Wrack.Das war mal ein Pritschenwagen.Aber kein Framo.Interessant ist der graue Originallack.
lucius
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Ich möchte mich bei Dir bedanken, dass Du mir, und natürlich auch den anderen, die Stelle mit Deinen phantastischen Bildern noch einmal in Erinnerung gerufen hast. Natürlich hat sich in den vielen Jahrzehnten, als wir als Kinder dort spielten, einiges verändert. Auf dem Bild mit dem Munitionskrater, wie Du ihn nennst, auf der linken Seite die Bäume waren damals noch dichte, etwa 3 m hohe Kusseln, wo wir unsere ersten Funde versteckten. Meine "Schatzkiste" war eine intakte Gasmaskenbüchse, aus der ich die Gasmaske entfernt hatte, die nun u.a. einen HJ-Dolch und ein Fallschirmjäger-Messer enthielt. Vom Hauptweg bis zu diesem "Bombentrichter", wie wir ihn damals nannten, gab es mindestens 10-12 in meinen Augen normale Grabhügel, die etwa 2m lang, oben 60-80 cm breit und etwa 30-50 cm hoch waren. Wie auf Deinen Bildern zu sehen ist, sind wohl einige ausgegraben worden. Darüber hätte man doch aber etwas hören müssen, vor allem, wenn es wirklich KZ-Häftlinge waren. Zu Zeiten der roten Machthaber wären doch die Zeitungen voll gewesen von der Bergung. Ich finde das schon sehr mysteriös.